„Je mehr der kommunale Austausch gepflegt wird, desto bessere Aussichten haben wir auf gute Beziehungen zwischen beiden Ländern“. Interview mit Dr. Olga Ohly, Büroleiterin und Prokuristin, Ekosem Agrarprojekte GmbH
Zum Ende des deutsch-russischen Kommunaljahrs 2017/2018 zeichnen der russische und der deutsche Außenminister gemeinsam 30 herausragende Projekte im kommunalen Austausch der beiden Länder aus. Unter den Bewerbern befindet sich auch die Partnerschaft zwischen dem Freistaat Bayern und dem Gebiet Woronesch im Agrarbereich. Die langjährige Partnerschaft geht auf zahlreiche gemeinsame Begegnungen seit dem Jahr 2010 zurück und wurde im März 2017 mit einer gemeinsamen Absichtserklärung auf Regierungsebene bekräftigt. Die Partnerschaft fördert den gegenseitigen Austausch in den Themenbereichen nachhaltigkeits- und zukunftsorientierte Agrarwirtschaft und ländliche Entwicklung und wird durch den deutsch-russischen Agrarpolitischen Dialog unterstützt. Die Durchführungsinstitution des deutsch-russischen Agrarpolitischen Dialogs ist die Ekosem Agrarprojekte GmbH. Das Deutsch-Russische Forum e.V. sprach mit Dr. Olga Ohly, Büroleiterin und Prokuristin der Ekosem Agrarprojekte GmbH.
DRF: Frau Ohly, 2017/2018 war das Jahr der regionalen und kommunalen Partnerschaften zwischen Russland und Deutschland unter der Schirmherrschaft der beiden Außenminister. Zum Ende des Themenjahres zeichnen beide Außenminister im Rahmen der Abschlussveranstaltung besondere Partnerschaften im deutsch-russischen Kontext aus. Welche Bedeutung hat diese Auszeichnung für den kommunalen Austausch zwischen Russland und Deutschland?
Ohly: Ich finde es toll, herausragende deutsch-russische Partnerschaften zu würdigen. Ebenso finde ich es großartig, dass diese Würdigung als Höhepunkt des „Kommunaljahres“ durch die beiden Außenminister persönlich erfolgt.
Der kommunale Austausch macht vielen Beteiligten Mut, trotz der schwierigen politischen Situation den Kontakt aufrechtzuerhalten und nach vorne zu schauen. Zwar scheint sich die politische Lage aktuell etwas zu entspannen, dennoch kommen Missstimmungen zwischen russischen und deutschen Partnern immer wieder mal vor. Das Kommunaljahr und die Würdigungen durch die Außenministerien sind deshalb auch eine Aufforderung in dem Sinne: „Tauscht euch weiter aus und unterstützt einander!“. Diesen Zuspruch von politischer Seite finde ich extrem wichtig.
Die beiden Außenministerien haben das Themenjahr auch ausgerufen, um eine breitere Öffentlichkeit auf den kommunalen Dialog zwischen Russland und Deutschland aufmerksam zu machen. Dies zeigt, dass auch die „hohe Politik“ den Austausch auf kommunaler Ebene für wichtig hält und pflegen will. Dies ist auf jeden Fall ein wichtiges Zeichen.
DRF: Sie sprachen von „Missstimmungen“. Sind angesichts der angespannten Beziehungen zwischen Deutschland und Russland neue Herausforderungen für die Partnerschaft zwischen dem Freistaat Bayern und dem Gebiet Woronesch entstanden? Wenn ja, welche?
Ohly: Gerade sprach ich von deutsch-russischen Beziehungen im Allgemeinen. Aber wenn es um die Partnerschaft zwischen dem Freistaat Bayern und dem Gebiet Woronesch geht, kann ich zum Glück sagen, dass sowohl die Politiker des Freistaats Bayern, als auch die Politiker des Gebiets Woronesch sehr großes Interesse an der Partnerschaft haben. Der damalige bayrische Landwirtschaftsminister Helmut Brunner und der damalige Ministerpräsident Horst Seehofer haben beispielsweise die Partnerschaft 2010 mitinitiiert und unterstützt. Woronesch hatte in den letzten Jahren einen exzellenten Gouverneur – Alexej Gordejev, der sich sehr für die Partnerschaft eingesetzt hat. Im September finden in Woronesch Gouverneurswahlen statt, aber auch sein potentieller Nachfolger Alexander Gussev verfolgt eine ähnliche deutschlandfreundliche Politik wie der Vorgänger.
Der Einsatz der Politiker für den deutsch-russischen kommunalen Austausch wiederrum schlägt sich auch in unserer Partnerschaft nieder. Im Konkreten bedeutet das, dass wir innerhalb der Partnerschaft nicht viel von Ressentiments oder unausgesprochenen Fragestellungen mitbekommen. Natürlich haben wir kritische Fragen kontrovers diskutiert und uns ausgetauscht, aber die Grundstimmung war immer sehr positiv.
DRF: Was wünschen Sie sich für die Zukunft der Beziehungen zwischen Bayern und Woronesch?
Ohly: Auf unserer Agenda steht eine Reihe von Punkten, deren Bearbeitung wir nun im Rahmen unserer Arbeitsgruppe in Angriff nehmen. Diese Arbeitsgruppe tagt ein bis zwei Mal im Jahr. Anhand eines Fragekatalogs bearbeiten wir diverse Themen, wie zum Beispiel die Entwicklung des ländlichen Raums, kommunale Selbstverwaltung, Berufsausbildung im Agrarbereich in Russland oder Optimierung der landwirtschaftlichen Verwaltung. Für diese Projekte wünschen wir uns weiterhin gutes Gelingen. Der Erfolg dieses Austauschs wäre ohne die Unterstützung durch die bayrische Regierung so nicht möglich. Daher sind wir dankbar für die Unterstützung im personellen und finanziellen Bereich.
Von Seiten der Bundesregierung und insbesondere vom Außenminister und den entsprechenden Politikern auf Bundesebene wünschen wir uns weiterhin die nötige politische Unterstützung „von oben“. Denn das Verhältnis und die gute Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Russland generell basiert auf den kommunalen und regionalen Partnerschaften. Je stärker diese gefördert und gepflegt werden desto bessere Aussichten haben wir auf gute Beziehungen zwischen beiden Ländern.