Am 18. September 2019 fand der 3. Guardini Salon: „Die Vermessung der Macht“ in der Guardini Galerie in Berlin statt. Die Veranstaltung wurde vom Deutsch-Russischen Form e.V. in Kooperation mit der Guardini Stiftung durchgeführt.
Der Abend begann mit einer Lesung des Künstlers, Schriftstellers und Publizisten Haralampi G. Oroschakoff. Oroschakoff las die Parabel vom Großinquisitor aus dem Roman Die Brüder Karamasow von Fjodor Dostojewski vor. Darauf folgte eine Podiumsdiskussion, moderiert von Patricia Löwe. Auf dem blauen Sofa des Guardini Salons saßen diesmal die Philosophin und Dostojewski-Expertin Ekaterina Poljakova und der Jesuitenpater Hermann Breulmann.
Im Zentrum standen wie immer Fragen, die nicht nur Experten unter den Nägeln brennen: Sind echte Freiheit und Wahrheit mit Glück vereinbar? Schätzen die meisten Menschen bloß ihre eigene Sicherheit und Bequemlichkeit, während Wahrheit nur den Freien und Starken vorbehalten ist?
In Anlehnung an die Kritik Romano Guardinis bezüglich der Christusdarstellung Dostojewskis wurde auch die folgende Frage ausführlich diskutiert: Warum schweigt Jesus während des Monologs des Großinquisitors und was bedeutet der Kuss, den der Erlöser seinem Widersacher gibt?
Nicht nur literatur- und philosophiegeschichtliche, sondern auch soziale und politische Fragen wurden diskutiert. Die beiden Experten erörterten die Unterschiede zwischen der katholischen und der orthodoxen Kirche sowie zwischen der östlichen und der westlichen Variante der christlichen Spiritualität, um die Frage zu beantworten, ob die Kirche ohne Macht überhaupt funktionieren kann.
In einem Punkt stimmten die Meinungen beider Diskutanten überein: Ost- und Westkirchen müssen im Gespräch bleiben. Wie Papst Johannes Paul II. dies so trefflich auf den Punkt brachte: „Europa muss mit beiden Lungenflügeln atmen“.
Nach Fragen aus dem interessierten Publikum wurden die Gespräche bei einem Glas Wein und russischen Canapés fortgeführt. Für die musikalische Begleitung im Laufe des ganzen Abends sorgte das Trio SCHO.