2019 feiert das Journalistenpraktikum 25-jähriges Jubiläum. In den vergangenen 24 Jahren haben rund 400 Nachwuchsjournalisten aus Russland im Rahmen des Stipendienprogramms ein Praktikum in Redaktionen deutscher Printmedien und Rundfunkanstalten absolviert. Die Maßnahme wird von einem fünftägigen Einführungsseminar, einem Zwischenseminar und einem abschließenden Evaluierungsseminar begleitet. In diesem Jahr kam ein besonders „Plus“ dazu: ein Sprachkurs beim Goethe-Institut in Schwäbisch Hall. Ekaterina Vinogradova aus Moskau berichtet im Folgenden über ihr Praktikum bei der Mitteldeutschen Zeitun (MZ) in Halle diesen Sommer.
Das Projekt wird gefördert von Wintershall, der Otto Wolff Stiftung, Auswärtiges Amt, der FAZIT-STIFTUNG und der Prof. Dr. Klaus Mangold – IWB | Internationale Wirtschaftsberatungsgesellschaft mbH und in Kooperation mit dem Goethe-Institut durchgeführt.
Ekaterina Vinogradova studiert Journalismus an der Moskauer Staatlichen Lomonossow-Universität und am Freien Russisch-Deutschen Institut für Publizistik. Einmal ein Journalistenpraktikum in Deutschland zu machen bezeichnet sie als Ziel und Traum. Bisher machte sie Praktika bei der populärwissenschaftlichen Zeitschrift „Kot Schredingera“, im Pressedienst des Analysezentrums der Russischen Regierung, bei NTV, Pervij Kanal und Expert.ru.
„Das ist unsere russische Mitbürgerin aus Moskau, die das Pech hatte, in Halle zu landen und bei mir ein Praktikum zu absolvieren“, stellte mich der Chefreporter der Lokalredaktion bei der Mitteldeutschen Zeitung (MZ), Dirk Skrzypczak, dem Oberbürgermeister, dem Polizeichef und allen anderen Leuten, die wir trafen, lächelnd vor. Nachdem ich sechs Wochen bei der MZ gearbeitet und sieben Texte (was für ein tolles Portfolio!) veröffentlicht habe, kann ich sagen, dass dieses Praktikum ein großes Glück und eine riesige Erfahrung für mich war. Das Kissel-Rezept und das Interview mit einer Wildkatzenschützerin, die Reportage über den Inline-Skating-Kurs und die Berichterstattung vom Limp-Bizkit-Konzert, das Porträt einer russischen Handballspielerin und ein Überblick über den Businessplan von Uno Pizza – die Liste meiner Erlebnisse ist lang und vielfältig.
Vor allem aber meine Umfrage auf der Moskauer Straße in Halle werde ich nicht vergessen. Im Vorfeld des Tages der Russlanddeutschen kam ich als gebürtige Moskauerin auf die Idee, die Bewohner dieser Straße nach ihrem Verhältnis zu Russland, Moskau und der russischen Sprache zu fragen. Einfach, aber spannend. Ich verbrachte dort zwei Stunden und war überrascht von den Antworten. Ein Herr zitierte auf Russisch aus Nikolai Ostrowskis Roman „Wie der Stahl gehärtet wurde“, eine Frau erinnerte sich voller Nostalgie an ihre Reise in den Ural, eine andere erzählte, dass sie gefühlte tausend Mal beruflich in Moskau gewesen sei, als sie noch für den Waggonbauer Ammendorf arbeitete. Doch wirklich geschockt war ich, als eine der Befragten mich sofort erkannte. „Ich weiß, wer Sie sind. Die russische Praktikantin bei der MZ! Ich habe ein paar Ihrer Texte gelesen – super gemacht“, so die Frau. Dieses Feedback konnte ich kaum fassen. Jetzt war mir klar: Wenn man bei der Lokalredaktion tätig ist, wird man sehr schnell berühmt.“