Am Donnerstag, den 15. März 2014 veranstaltete das Deutsch-Russische Forum e.V. in Kooperation mit dem World Public Forum „Dialogue of Civilizations“ (WPF) eine internationale Konferenz zum Thema „Europe: Lost in Translation“. Teilgenommen haben 70 Experten aus über 20 verschiedenen Ländern, die gemeinsam über die Gegenwart und Zukunft Europas diskutierten.
Eröffnet wurde die internationale Konferenz durch Wladimir Jakunin, Gründungspräsident des WPF, Matthias Platzeck, Vorsitzender des Deutsch-Russischen Forums e.V., Walter Schwimmer, Internationales Koordinationskommittee des WPF sowie Fred Dallmayr, ebenfalls Mitglied des WPF und Professor an der Universität Notre Dame. Die Runde moderierte der Leiter des Moskauer SPIEGEL-Büros Matthias Schepp. Im Anschluss hatten die Experten die Gelegenheit, zu debattieren. Dabei bestimmte vor allem die Ukraine-Krise die Richtungstendenzen der Diskussion. In Bezug darauf waren nationale Identität und Integration in Europa sowie ein gemeinsames kontinentales Europa von Lissabon bis Wladiwostok Schlüsselthemen der Konferenz.
Innerhalb dreier Arbeitsgruppen konnten die internationalen Experten in die Tiefe gehen und verschiedene Fragestellungen diskutieren. Die erste Arbeitsgruppe, unter der Leitung von Alexander Rahr, Forschungsdirektor des Deutsch-Russischen Forums e.V., und Ruslan Grinberg, Direktor des Instituts für Ökonomie der Russischen Akademie der Wissenschaften, beschäftigte sich dabei mit der geopolitischen Frage „EU and Eurasian Union: a Single or Two Different Europes“ und kam zu dem Schluss, ein stabiles Europa solle ein kontinentales Europa sein und dabei seine geografischen Grenzen achten. Dies würde Länder wie die Ukraine nicht zu Entscheidungen dafür oder dagegen zwingen und damit in die Krise stürzen. Prosperität und Freiheit als Grundpfeiler einer neuen Ökonomie eines gemeinsamen Europas waren im Fokus der zweiten Arbeitsgruppe, die von Adrian Pabst, School of Politics & IR der Universität Kent, und Patrick Taran, Präsident der Global Migration Policy Associates (GMPA), geleitet wurde. Dabei lag der Fokus der Diskussion bei neuen Impulsen für eine nachhaltige, gemeinsame europäische Ökonomie. Die dritte Arbeitsgruppe beleuchtete dagegen den neuen Begriff „Wissensgesellschaft“. Wie kann im digitalen Zeitalter Wissen geteilt und zugleich neues Wissen gewonnen werden? Jens Wendland, Professor der Moskauer Staatlichen Universität, und Tom Mahon, Journalist und Autor, tauschten sich hierzu mit Experten aus Bildung und Forschung aus.
In den drei Arbeitsgruppen zu den Themen Geopolitik, Wirtschaft und Migration sowie Wissensgesellschaft waren sich die internationalen Experten durchgehend darüber einig, dass ein Europa der Zukunft nach einer Deeskalationspolitik, dem Ablegen einer Logik des Kalten Krieges und insbesondere nach greifenden Mechanismen zur Krisenbewältigung verlangt. Gegebene soziale und kulturelle Differenzen zu überwinden sei dabei ein Schritt hin zu einem solchen Europa von Lissabon nach Wladiwostok und zugleich ein Mechanismus, die Spaltung einzudämmen. Dabei ist eine Besinnung auf das Gemeinsame, auf gemeinschaftliche Normen und Werte Europas die Basis für einen Dialog sowie für eine europäische Politik, Wirtschaft und vor allem Zivilgesellschaft. Zugleich solle dieses Gemeinsame, insbesondere Europa als politische und wirtschaftliche Einheit, nicht die nationalen Differenzen und Besonderheiten der einzelnen Länder untergraben. Ein gesamteuropäischer Dialog kann nur gelingen, wenn Prinzipien wie unbedingter Respekt und Reziprozität sowie die Achtung des Anderen als gleichwertiger Spieler eines gemeinsamen Europas, gleich der kulturellen Differenzen, anerkannt werden.
Diese Eckpfeiler hielten die Teilnehmer im Anschluss an die Konferenz in Form einer gemeinsamen Deklaration für eine Zukunft eines kontinentalen Europas fest (siehe unten).
Text: Elena Matschilski