Keiner der Beteiligten wird den grandiosen Abschluss des Deutsch-Russischen Jahrs der regionalen und kommunalen Partnerschaften 2018 im Auswärtigen Amt vergessen. Aber wie steht´s um die Nachhaltigkeit, wo stehen wir 2019 im Miteinander der Kommunen in Russland und Deutschland? Die Antwort auf diese Frage erlebten über 700 Teilnehmer bei der diesjährigen XV. Deutsch-Russischen Städtepartnerschaftskonferenz Ende Juni in Düren und Aachen. Ganz konkrete Antworten lieferten nicht nur die Ergebnisse aus sieben Arbeitsgruppen, sondern auch drei neu abgeschlossene Partnerschaften.
Großer Dank gilt dem Kreis Düren und Herrn Landrat Wolfgang Spelthahn, der in beeindruckender Weise diese Konferenz ausgerichtet hat. Die Messlatte liegt für die Zukunft hoch.
Das Ziel, die Freundschaft und die Beziehungen auf der Ebene der Städte und Gemeinden zu vertiefen, zu festigen, neue Impulse zu geben und neue Partnerschaften und Kooperationsformen entstehen zu lassen, wurde voll erreicht.
Engagiert und auf Augenhöhe diskutierten Bürgermeister, Regional- und Kommunalpolitiker sowie Praktiker und Experten unter dem Thema „Wege der Verständigung: Partnerschaften als Mittler des Deutsch-Russischen Dialogs“. Kern der Konferenz waren sieben Arbeitsgruppen, bei denen Fragen, Probleme und Möglichkeiten der Kooperation zu Themen, wie z.B. Stadtentwicklung, Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Inklusion, Wissenschaft, Kultur und Gesundheitswesen ergebnisorientiert erörtert wurden. Es ging um Lebensqualität, Regionalstrategien, Energieeffizienz, Einfluss neuer Technologien, Smart-City-Lösungen, Theaterprojekte, Förderung von Sprache und Kultur oder das christliche Menschenbild beim Thema Inklusion. Das Gesprächsklima, die Detailtiefe und der Wille zur Freundschaft und zur Zusammenarbeit waren beeindruckend.
Ja, die kommunale Basis war und ist hier doch weiter als die politischen Spitzen. Deutlich wurde dies bei einer Podiumsdiskussion, deren Protagonisten aus Politik, Gesellschaft und Journalismus, sich doch sehr in bekannten gegenseitigen Schuldzuweisungen, unterschiedlichen Narrativen und, je nach Sichtweise, hinkenden Geschichtsvergleichen verfingen. Der ausgesprochene Satz „Wir sind uns einig, dass wir uns uneinig sind“ war hier letztlich symptomatisch und für viele enttäuschend.
Umso erfreulicher und nicht mehr weg zu denken ist das inzwischen 3., die Konferenz begleitende Jugendforum der deutsch-russischen Städtepartnerschaften! Unter dem Motto „Stadt in Bewegung: Dein Projekt zählt!“ haben 60 deutsche und russische Jugendlichen in elf Teams eine Woche lang gemeinsam Projekte entwickelt. Die insgesamt 11 deutsch-russischen Städtepartner-Teams erarbeiteten Projekte zu den Themen Inklusion, Umwelt, ökologische Stadt, Stadtentwicklung und Erinnerungskultur. Im Rahmen der Städtepartnerkonferenz konnten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Jugendforums die Gelegenheit nutzen, sich ganz unmittelbar mit den Vertretern ihrer Kommunen und Städte zu treffen und Unterstützung zugesichert zu bekommen. Alles in allem vorbildlich und erfrischend.
Erfreulich und auch ein Symbol für die Zukunft war der Abschluss gleich dreier neuer Kooperationsabkommen. Der Unterzeichnungsort konnte nicht symbolträchtiger sein. Dank der Stadt Aachen und Herrn Oberbürgermeister Marcel Philipp fand die feierliche Unterzeichnung im Krönungssaal in Aachen statt. Das Deutsch-Russische Forum e.V. und die Gesellschaftskammer der Russischen Föderation vereinbarten eine gemeinsame Kooperation. Gleichfalls wurde zwischen Innopolis und Elgersburg eine neue Städtepartnerschaft unterzeichnet. Das Institut für kommunale Entwicklung Krasnojarsk und die Kommunalakademie Rheinland-Pfalz vereinbarten mit Unterstützung der Konrad-Adenauer-Stiftung und dem Deutsch-Russischen Forum e.V. ein Memorandum zur zukünftigen Zusammenarbeit bei der Fortbildung, der Wissenschaft und der kommunalen Selbstverwaltung. Bereits im Juli ließ man Taten folgen.
Eine 17-köpfige Delegation von jungen Regionalpolitikern und Verwaltungsexperten aus Sibirien besuchten 5 Tage Rheinland-Pfalz, einschließlich eines Abstechers ins Großherzogtum Luxemburg mit Empfang beim dortigen deutschen Botschafter Dr. Heinrich Kreft. In Trier, Konz, Boppard und Mainz standen vor allem die Themen Bürgerbeteiligung, Abfallbeseitigung, Forstwirtschaft und der Informationsaustausch über viele Kernthemen der kommunalen Selbstverwaltung im Mittelpunkt. Wie nah sich räumlich weit entfernte Kommunalpolitiker auch bei ganz unterschiedlichen Dimensionen sein können, zeigte die zum Schmunzeln aller gestellte Frage aus Krasnojarsk in Sibirien, wie denn in Deutschland die Bürger bei der Schneeräumung ihrer Straßen beteiligt werden.
Während dieses Besuches zeigte sich, wie wichtig der Austausch zwischen der jüngeren Generation ist. Was für junge Regionalpolitiker gilt, trifft gleichermaßen für den Austausch zwischen Wissenschaft und Forschung zu, wie das in diesem Jahr der Trilaterale Science Slam mit jungen Wissenschaftlern aus Deutschland, Russland und den USA auf so beeindruckende Weise gezeigt hat. Als Deutsch-Russisches Forum e.V. ist es uns wichtig, solch neue Kommunikationsformen und damit auch neue Zielgruppen zu fördern, und gleichzeitig bewährte Programme, wie das erfolgreiche „Journalistenpraktikum Plus“ in seinem 25-jährigen Jubiläumsjahr in einer sich verändernden Medienlandschaft fortzuführen. Die teils hitzige Debatte über den Journalismus in beiden Ländern während der Konferenz in Düren hat gezeigt, wie aktuell und notwendig dieser Austausch für das gegenseitige Russland- und Deutschlandbild ist.
Freuen Sie sich in dieser Ausgabe des Info-Bulletins auf Beiträge zu den genannten Projekten sowie Lesetipps, Kulturtipps und Stellenausschreibungen.
Bernhard Kaster, Mitglied des Vorstands, Deutsch-Russisches Forum e.V., Bürgermeister a.D., MdB a.D.