Vom 7. bis 10. April 2019 fand das IV. Jugendforum der Potsdamer Begegnungen mit dem Titel „Entwicklung der digitalen Stadt Russland und Deutschlands – neue Wege der Zusammenarbeit“ in Moskau statt. Das Forum wurde vom Deutsch-Russischen Forum e.V. und der Alexander Gorchakov Stiftung für öffentliche Diplomatie organisiert. Insgesamt 27 Teilnehmer, überwiegend junge Berufstätige aus Politik und Wirtschaft, diskutierten über die aktuellen Herausforderungen der digitalen Stadtentwicklung. Abgerundet wurde die Veranstaltung durch ein kulturelles Programm mit einem Besuch in der Tretjakow-Galerie.
Einen Höhepunkt bildeten die Eingangsstatements des deutschen Botschafters Rüdiger Freiherr von Fritsch sowie des Direktors des 3. europäischen Departments des russischen Außenministeriums, Oleg Tjapkin. Beide betonten die Bedeutung der Digitalisierung für die Städte der Zukunft, nicht ohne auf die damit verbundenen Risiken hinzuweisen. Nicht nur auf außenpolitische Ebene entstünden neue Bedrohungen, sondern es gehe auch darum, zu verhindern, dass Dystopien wie aus dem Roman 1984 von George Orwell Wirklichkeit würden.
Das erste Diskussionspanel moderierte Dimitrij Kamynin, Leiter des Büros für digitale Entwicklung der Region Samara. Hierbei diskutierten Dr. Beate Ginzel, Stadt Leipzig, Natalia Gredasowa, Allrussisches Projekt Stadterneuerung, und Dmitrij Karandin, Stadt Moskau, über unterschiedliche Erfahrungen mit digitaler Stadtentwicklung in Deutschland und Russland. Einigkeit bestand darin, dass eine effektive Verwaltung eine Voraussetzung für die Entwicklung hin zur digitalen Stadt bildet. Synergien können durch die Vernetzung zwischen Städten einerseits und die zwischen öffentlicher Verwaltung und Privatunternehmen andererseits erzielt werden. In der Gegenüberstellung zeigte sich, dass in Russland die Entwicklung hin zur digitalen Stadt stärker von der föderalen Verwaltung betrieben wird, während die Initiative in Deutschland meist von der kommunalen Ebene ausgeht.
Am Nachmittag diskutieren Ewgenij Titow von MTS und Dirk Schulte von der LBRM GmbH die Rolle der digitalen Stadt bei der Gestaltung einer außenpolitischen Agenda. Die Teilnehmer beleuchteten Aspekte der Cybersicherheit und stellten auch die Frage, wem die Daten der Bürger eigentlich gehören und wie Datenschutz im Sinne der Bürger aussehen müsse. Insbesondere die Infrastrukturentwicklung sowie die Modernisierung der Verwaltung wurden als gemeinsame Herausforderungen erkannt, bei denen sich die digitalen Strategien in Russland und Deutschland ähneln. Differenzen bestanden dagegen, ob alle technisch möglichen Überwachungsmaßnahmen tatsächlich zu einem Sicherheitsgewinn für die Bürger führen.
Der zweite Tag begann mit einer Exkursion zur Stiftung Internet Initiative Development Fund, die in den vergangenen Jahren rund 100 Startup-Finanzierungen ermöglichte. Das letzte Diskussionspanel „Zukunftsstädte: Erfolgsgeschichten“ wurde von Julian Büche vom Verband kommunaler Unternehmen moderiert. Er stellte die Struktur kommunaler Unternehmen vor und gab Beispiele kleinerer, kommunaler smart cities. Ilja Schaparow von TSS Ltd erörterte anhand der Verschlüsselungssysteme seines Unternehmens, dass digitale Überwachungssysteme gegen externen Zugriff ebenso abzusichern sind, wie die digitale Firmeninfrastruktur und Verwaltungssysteme. Gabriel Deutscher, Kanzlei Knauthe Rechtsanwälte, verglich die Stadtentwicklung in Moskau und Berlin unter Fokus auf rechtliche Planungsinstrumente und arbeitete anhand der Beispiele Adlershof und Skolkowo positive Entwicklungen durch die Vernetzung von Forschung, digitaler Wirtschaft und Wohnbebauung heraus.
Zusammengefasst ist die Veranstaltung als sehr gelungen zu bezeichnen, da die deutschen und russischen Teilnehmer diverse Bereiche aufzeigen konnten, in denen auch in schwierigen politischen Zeiten eine sinnvolle Zusammenarbeit möglich ist.
Text von:
Julian Büche, Geschäftsführer Landesgruppe Berlin-Brandenburg, Verband kommunaler Unternehmen e.V., Berlin
Gabriel Deutscher, Rechtsanwalt, Knauthe Rechtsanwälte Partnerschaft mbB, Berlin