Im Hinblick auf den bevorstehenden G20-Gipfel lud das Deutsch-Russische Forum e.V. am 20.06.2017 seine Mitglieder und Interessierte zu der Diskussionsveranstaltung „Vor dem G20-Gipfel 2017 in Hamburg: die außenpolitischen Beziehungen zwischen Deutschland, Europa und Russland“ in das Hotel Adlon, Berlin ein. In einem Impulsvortrag sprach Prof. Dr. Alexej K. Puschkow, Vorsitzender der Kommission für Informationspolitik und für Medienzusammenarbeit im Föderationsrat der Russischen Föderation, über seine Erwartungen an die Verhandlungen, sowie die Position Russlands in der aktuellen Weltpolitik.
Alexej Puschkow, Professor am Staatlichen Institut für Internationale Beziehungen Moskau (MGIMO), arbeitete mehrere Jahre bei der UNO in Genf. Als Autor und Leiter moderiert er das bekannte Politikjournal „Postscriptum“ (TWZ). Bis 2016 war er Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses der Staatsduma der Russischen Föderation.
Das „stützende Dreieck“ der G20, USA – EU – Russland, sei geschwächt, so Puschkow. Während die Beziehungen zwischen den USA und der EU nur wenige Risse bekommen habe, sei das Verhältnis sowohl zwischen den USA und Russland als auch zwischen der EU und Russland zerrüttet, vor allem durch die anhaltenden Sanktionen und die negative Darstellung Russlands in den westlichen Medien. „In Europa bekommt man den Eindruck, dass Russland die EU schwächen wolle“, bedauerte Puschkow. In jeglichen EU-kritischen Tendenzen die Verbindung zu Russland zu suchen, könne gefährliche Folgen haben. Das Bild eines auf alles Einfluss nehmenden Russlands rücke das Land in ein politisches Abseits. Dabei sei es hingegen wichtig, gerade in den Verhandlungen andere Meinungen mit einzubeziehen, um weltpolitisch einen Fortschritt zu erzielen.
Im Vordergrund seines Vortrags stand der Aufruf, den regelmäßigen Dialog zwischen dem Westen und Russland wieder herzustellen. Dieser könne vor allem ermöglicht werden, „wenn sich alle Positionen eingestehen würden, dass sie alleine keine Lösung für die derzeitigen Krisen finden können. Es braucht eine kollektive Antwort“. Dabei ginge es weniger um direkte Entscheidungen, die getroffen werden, als vielmehr um die Einigung auf einen gemeinsamen Weg, den man einschlagen wolle. Die unterschiedlichen Meinungen, die in der G20 vertreten sind, spiegelten die Multipluralität der Welt wieder. „Es ist wichtig, diese verschiedenen Standpunkte zu respektieren und gleichzeitig einheitliche Ansätze zu finden, unter denen sich die Mitgliedsstaaten vereinen können“, so Puschkow.
In der anschließenden Diskussionsrunde mit dem Publikum unter der Moderation von Dr. Evgeniya Sayko, Mitglied des Vorstands des Deutsch-Russischen Forums e.V., ging es unter anderem um das erste Treffen, das zwischen Trump und Putin auf dem G20-Gipfel stattfinden wird. Hierzu mochte Puschkow jedoch noch keine Prognose geben. „Das wichtigste ist, wie auch mit den anderen Teilnehmern, nach gemeinsamen Antworten zu suchen.“
Weitere Publikumsfragen betrafen u.a. Themen, die Russland auf dem Gipfel in Hamburg besprechen wolle – vor allem die globale Sicherheit und Armutsbekämpfung – und welche Lösungsansätze Russland für die stattfindende Informationspolitik habe. Diese sieht Puschkow primär in der Intensivierung des bestehenden Austauschs mit politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Eliten. „Nach einer jahrelangen falschen Berichterstattung kann die Wahrnehmung der breiten Öffentlichkeit nicht von jetzt auf gleich umgekehrt werden“. Diese könne mithilfe der Eliten erreicht werden. „Die Begegnung zwischen Menschen beider Seiten muss deshalb gefördert werden“, betont Puschkow. Der „Petersburger Dialog“ beispielsweise, sowie die „Potsdamer Begegnungen“, seien wichtige Plattformen, in denen ein anderes Russland kennengelernt werden könne als das der medialen Öffentlichkeit.
Erst im zweiten Schritt könne durch das Weitertragen dieses Russlandbildes die Einstellung der breiten Bevölkerung verändert werden.
Ein Beitrag von Ines Henrich