Das Thema der diesjährigen Potsdamer Begegnungen »Das Wasser und wir – Вода и мир« stellte die Teilnehmer aufgrund sehr unterschiedlichen beruflichen Herkommens vor eine ganz ungewöhnliche Herausforderung. Schon von ihrer Anlage her sollte sich die Diskussion nicht ausschließlich mit der Wasserfrage unter ökonomischen und ökologischen Gesichtspunkten befassen. In gleicher Weise sollte die Lebensbedeutung des Wassers für den Menschen unter kulturellen, mythologischen und künstlerischen Aspekten hervorgehoben werden. Unter beiden Gesichtspunkten wurde im Verlauf der Konferenz immer deutlicher, was der Künstler der »Wasser-Klang-Bilder« Alexander Lauterwasser auf die kurze Formel brachte: »Wir wissen gar nicht, was Wasser ist.« Die Konferenz bemühte sich gleichwohl, dieser Frage auf zwei Wegen näher zu kommen. Auf dem einen behandelte sie die technischen und utilitaristischen, auch rechtlichen Aspekte der Wassernutzung. Der andere Ansatz suchte, geistige und seelische Beziehungen zum Element Wasser erlebbar zu machen. Man kann auch kurz sagen, dass wir uns sowohl um den quantitativen als auch den qualitativen Begriff des Wassers bemüht haben. Die verschiedenen einschlägigen Beiträge der Konferenzteilnehmer finden sich in dieser Publikation wieder.
Bei der quantitativen Betrachtung war die Frage nach dem Recht auf Wasser zentral. Dabei wurde unterschieden zwischen Gebrauch und Verbrauch des Wassers. Wenn auch jedermann klar war, dass Wasser auf vielfältige Weise gebraucht wird, dann aber in zu reinigendem oder gereinigtem Zustand wieder in den Kreislauf zurückgeleitet wird, so war dies für den großen Verbrauch von Wasser vor allem durch die landwirtschaftliche Produktion, bei der Wasser verdunstet oder zur Biosynthese verwendet wird, nicht unbedingt bewusst. Hieran schloss sich die Erörterung internationaler Streitfragen über die Rechte von Oberliegern und Unterliegern an nutzbarem Wasser an. In gleichem Zusammenhang stellte sich auch die Frage, ob es überhaupt zulässig ist, Wasser, das eigentlich jedermann zur Verfügung stehen müsste, zu privatisieren. Am Beispiel der Ostsee wurde die Umweltverantwortung gegenüber dem Wasser erörtert. Es wurde deutlich, wie sehr es sich hierbei um eine globale Herausforderung handelt, die den Menschen bewusst gemacht werden muss, was nur durch Erziehung geschehen kann. Dabei kommt es weniger auf gute Grundsätze als auf gelebte Vorbilder an. Globales Denken zugleich aber auch lokales Handeln sind hier gefordert.
Mit dem Aspekt Verantwortung gegenüber dem Wasser als Teil der Schöpfung nahm die Konferenz schon den qualitativen Gesichtspunkt auf, indem nach der inneren Einstellung zum Wasser gefragt wurde. Durch mehrere künstlerische Beiträge, die ein Charakteristikum der Potsdamer Begegnungen sind, gelang es diesen Ansatz wirksam zu machen. Alexander Lauterwasser zeigte mit seinen Klangbildern die sensible Veränderbarkeit von Wasser durch Klangeinwirkung. Claudia Herr brachte mit der Darstellung ihrer Unterwasseroper Ähnliches zu Bewusstsein. Maria Rybakowa personalisierte mit ihrer Lesung einen Fluss und zeigte damit die seelische Nähe von Mensch und Wasser auf. Die Lesungen von John von Düffel und Jewgenij Grischkowez brachten einen sehr persönlichen Zugang zum Wasser und dessen Wirkung auf Autor und Leser in die Konferenz ein. Mit diesen Aussagen wurde plötzlich das Lebenselement des Wassers erlebbar und wies jedenfalls teilweise auf eine Antwort nach dem Wesen des Wassers hin.
Die diesjährige Konferenz zeigte erneut, wie sehr ein solcher Gedankenaustausch zwischen Deutschen und Russen ein nicht nur belebendes, sondern auch ein sehr notwendiges Ereignis ist, weil er beide Seiten von unterschiedlichen Ansätzen ausgehend wesentlich bereichert.