Gedenkveranstaltung mit Buchpräsentation anlässlich des 1. Todestages von Michail S. Gorbatschow am 30. August 2023 in Berlin
Es war eine bewegende Veranstaltung zum Jahrestag seines Todes im Museum „DIE MAUER | The Wall“ in Berlin am Leipziger Platz. „Michail Gorbatschow – Wie er unser Leben veränderte“. Das ist der Titel eines Buches, herausgegeben von Bettina Schaefer mit so genannten „narrativen Interviews“. Die Journalistin und Verlegerin bat prominente Begleiter Gorbatschows, ihre persönlichen Eindrücke in Erzählform zu schildern. Zu den Interviewten gehören u.a. Horst Teltschik, Klaus Mangold, Gregor Gysi, Henning Scherf und der ehemalige deutsche Botschafter in Moskau Andreas Meyer-Landrut.
Hermann Krause, Vorstandsmitglied im Deutsch-Russischen Forum, führte durch den Abend und bat Bettina Schaefer aus den Beiträgen vorzulesen. „Ein Mensch in großen Buchstaben“ sind die sehr emotionalen Erinnerungen von Oxana Grinberg überschrieben. Der Beitrag von dem Chef der Band „Scorpions“ Klaus Meine hat den Titel: “Gefühlt waren wir per Du!“ Im Wechsel mit den gelesenen Zitaten interviewte Krause anwesende Autoren, wie zum Beispiel Sonja Eichwede, die als Neunjährige Gorbatschow in Bremen traf. Ein bezauberndes Foto entstand, das zum Coverbild des Buches wurde. Mittlerweile 35 Jahre alt und Abgeordnete des Bundestages, erinnerte sich Sonja Eichwede an das Treffen mit dem letzten Präsidenten der UdSSR. „Er hat mich als Kind wahrgenommen und akzeptiert, er strahlte Wärme und Zuversicht aus.“
Dies war auch der Eindruck, den Gabriele Krone-Schmalz wiedergab. „Michail Sergejewitsch wusste, dass mein Mann sehr krank war. Zu seinem 85. Geburtstag hat er ihm einen Brief geschrieben, der mich noch heute zu Tränen rührt.“ Als erste westliche Fernsehkorrespondentin interviewte sie 1987 Gorbatschow. Ihr Beitrag ist überschrieben mit dem Satz: „Dieser Mann hatte Kampfgeist“. Aus Göteborg angereist kam zu dem Abend in Berlin die Geschäftsführerin von „Green Cross“ Schweden Tonia Moya. Nicht nur Perestroika und Glasnost waren Gorbatschow wichtig, schon während seiner Präsidentschaft lud er in den Kreml zu einem „Globalen Forum für Umwelt und das Überleben der Menschheit“. Tonia Moya schilderte, mit welcher Energie und Hoffnung Gorbatschow später das „Green Cross“ gründete. Moya: „Er war seiner Zeit immer weit voraus, ein Wegbereiter, ein Pionier, ein außergewöhnlicher Mensch.“
Ruslan Grinberg, ein enger Weggefährte Gorbatschows, überschrieb seinen Beitrag: „Mehr Mensch als Politiker“. Zitat: “Ich mochte an ihm alles, er war für mich ein Vorbild, ein Idol – auch weil er ein einfacher Mensch war.“ Die Frage, wie er unser Leben veränderte, beantwortete Martin Hoffmann, Geschäftsführender Vorstand des Deutsch-Russischen Forums, sehr persönlich. So hat ihn Gorbatschow dahingehend beeindruckt, dass er quasi sein ganzes berufliches Leben dem Ziel widmet, zwischen Deutschland und Russland Brücken zu bauen. Hoffmann: „Mein Beruf ist meine Berufung und Gorbatschow spielte dabei eine prägende Rolle“.
Im Ausland verehrt und mit zahlreichen Auszeichnungen versehen, wird der Friedensnobelpreisträger Gorbatschow in Russland nach wie vor äußerst kritisch gesehen. Ihm vorzuwerfen, er habe die Sowjetunion verraten, hielt als letzter Interviewpartner des Abends Professor Wolfgang Eichwede für absurd. „Denn es war ja Russland, das sich gegen die Sowjetunion stellte.“ Professor Eichwede hob die Bedeutung Gorbatschows für die internationalen Beziehungen heraus. „Der Traum vom Europäischen Haus war geboren. Der Kalte Krieg fand ein Ende, die Charta von Paris skizzierte eine Welt in Frieden.“
Am Ende der Veranstaltung, es waren mehr als 80 Gäste im Museum, war vielleicht allen klar, wie sehr gerade jetzt sein Erbe verspielt wird. „Aber genau deshalb ist es wichtig, an diesen großen Politiker zu erinnern“, so die Verlegerin Bettina Schaefer. Wie heißt es in ihrem Buch: „Er war bescheiden, aber er war sich seiner historischen Größe bewusst!“