Dr. Andreas Meyer-Landrut gehört zu den Gründungsvätern des Forums im Jahre 1993 und war der erste Vorsitzende bis 1999. Seit 2000 ist er Ehrenvorsitzender. Seine langjährige Arbeitserfahrung und großen Kenntnisse haben endscheidend zu den Erfolgen und der positiven Wahrnehmung der Tätigkeit des Deutsch-Russischen Forums e.V. in beiden Ländern beigetragen. In diesem Jahr ehrt ihn das Deutsch-Russische Forum e.V. mit einem besonderen Preis für sein herausragendes Engagement für die deutschrussische Verständigung.
Dr. Andreas Meyer-Landrut
Geboren 1929 in Tallinn, Estland. Nach dem Abitur studierte er Slawistik, osteuropäische Geschichte und Soziologie an den Universitäten Göttingen und Zagreb. 1954 wurde er mit einer Dissertation über das kroatische Theater des 19. Jahrhunderts an der Universität Göttingen zum Dr. phil. promoviert. 1955 trat Dr. Andreas Meyer-Landrut ins Auswärtige Amt ein, zu seinen Auslandsposten gehörten Brüssel, Tokio und Brazzaville, wo er an die Spitze der Botschaften trat. Aufgrund seiner Sprachkenntnisse gehörte er bald zu den Russland-Spezialisten im diplomatischen Dienst. Insgesamt fünfmal war er auf Posten an der Deutschen Botschaft in Moskau, zuletzt 1980 bis 1983 sowie von 1987 bis 1989 als Botschafter. Von 1984 bis 1986 war er unter Hans-Dietrich Genscher beamteter Staatssekretär des Auswärtigen Amts in Bonn. Von 1989 bis 1994 war er als beamteter Staatssekretär Leiter des Bundespräsidialamtes unter Richard von Weizsäcker. Nach dem Ende seiner Beamtenkarriere leitete er bis 2002 die Moskauer Repräsentanz der DaimlerChrysler AG. Dr. Andreas Meyer-Landrut gehört zu den Gründungsvätern des Deutsch-Russischen Forums im Jahre 1993 und war der erste Vorsitzende bis 1999. In 2000 wurde er zum Ehrenvorsitzen ernannt.
Herr Dr. Andreas Meyer-Landrut, Sie sind Gründungsmitglied des Deutsch-Russischen Forums e.V. Wie kam es damals zu der Entscheidung 1993 das Deutsch-Russische Forum e.V. zu gründen?
Seit 1957 habe ich immer wieder beruflich in der Sowjetunion gearbeitet. Ich war insgesamt vier Mal an der deutschen Botschaft in Moskau, zweimal als Botschafter. Zum ersten Mal von 1980 bis 1983 und dann nochmal von 1987 bis 1989. Während meiner Zeit in der Sowjetunion war ich bemüht, Verbindungen außerhalb des politisch ideologischen Umfelds zwischen beiden Ländern herzustellen − wie zum Beispiel Schul- und Universitätspartnerschaften.
Als die Sowjetunion zusammenbrach, war ich bereits in Deutschland und habe festgestellt, dass die einzigen gesellschaftlichen Verbindungen zwischen beiden Ländern durch die sogenannten russischen Freundschaftsgesellschaften organisiert wurden, die die sowjetische Sicht nach Deutschland zu transportieren versuchten. Ich dachte damals, dass wir eine Organisation benötigen, die politisch neutral ist. Dies war auch der Gedanke der Initiatoren und Gründungsmitglieder des Deutsch-Russischen Forums e.V. Alexandra Gräfin Lambsdorff, Prof. Karl Kaiser von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik, Prof. Heinrich Vogel, der damalige Leiter des Bundesinstituts für Ostwissenschaftliche Studien und Klaus Liesen, der ehemaligen Vorstandsvorsitzende der Ruhrgas AG.
Einer unserer ersten Schritte war es, die deutsch-russischen Städtepartnerschaften in das Deutsch-Russische Forum e.V. miteinzubinden. Hier konnten wir bereits auf vorhandene Verbindungen zurückgreifen. Dies hat eine sehr gute Entwicklung genommen. Bis heute sind die Städtepartnerschaften und die Städtepartnerkonferenzen ein wesentlicher Baustein der Arbeit des Deutsch-Russischen Forums e.V.
Sind Sie während des Gründungsprozesses auf Schwierigkeiten gestoßen?
In Deutschland haben sich keinerlei Schwierigkeiten ergeben. Damals war die politische Situation so, dass man mit der neuen russischen Führung gute Beziehungen pflegen wollte und man hatte großes Interesse an einer Zusammenarbeit. Damals war das nicht so kompliziert und mühsam wie heute. Hemmend war ein wenig, dass die russische Seite zunächst versuchte, ihre alten Freundschaftsgesellschaften als Partner miteinzugliedern und das wollten wir ja nun nicht, denn wir wollten keinen politischen Einfluss.
Welche Ereignisse der letzten 25 Jahre in der Geschichte des Deutsch-Russischen Forums e.V. haben Sie besonders in Erinnerung und warum?
Seit seiner Gründung beobachte ich die kontinuierliche Entwicklung des Deutsch-Russischen Forum e.V. Jedes einzelne Jahr ist von Bedeutung für die aktive Gestaltung der Beziehungen zwischen beiden Ländern. Für mich ist das ein fortlaufender Prozess.
Welche Rolle spielt das Deutsch-Russische Forum e.V. in den deutsch-russischen Beziehungen heute?
Das Deutsch-Russische Forum e.V. ist heute, neben der insgesamt guten Entwicklung der wirtschaftlichen Kontakte, wohl die stärkste Säule in den Beziehungen zwischen Deutschland und Russland. Die persönlichen Beziehungen, die das Deutsch-Russische Forum e.V. pflegt, haben sich intensiv entwickelt. Dies wird auch von der großen Politik wahr- und aufgenommen. Es war ja nicht grundlos, dass die beiden Außenminister zu der Eröffnung des Deutsch-Russischen Jahres der kommunalen und regionalen Partnerschaften 2017 in Krasnodar sowie zu der Abschlussveranstaltung des Themenjahres im September 2018 nach Berlin gekommen sind.
Was verbinden Sie persönlich mit dem Deutsch-Russischen Forum e.V.?
Ich stamme aus dem Baltikum und bin mit Deutsch, Russisch und Estnisch großgeworden und bin studierter Slawist. Seit 1957 war ich, wie schon erwähnt, immer wieder beruflich in Moskau tätig. Ich hatte also schon immer eine enge Bindung zu Russland und das hat sich nicht zuletzt auch in meinem Engagement im Deutsch-Russischen Forum e.V. niedergeschlagen.
Bereits vor der Gründung des Deutsch-Russischen Forums e.V. haben Sie sich für die deutsch-russischen Beziehungen engagiert. Was hat sich Ihrer Meinung nach innerhalb der letzten Jahrzehnte in den deutsch-russischen Beziehungen geändert?
Als der Krieg 1945 zu Ende war, gab es keine offiziellen politischen und auch keine persönlichen Beziehungen zwischen Deutschland und der Sowjetunion. Erst im September 1955 mit dem Besuch von Bundeskanzler Adenauer in Moskau wurden die offiziellen politischen Beziehungen wieder aufgenommen. 1956 wurde dann die deutsche Botschaft in Moskau eröffnet. Aber es dauerte weitere 15 Jahre bis die Beziehungen einen sagen wir mal weniger „kalten Kriegs Charakter“ trugen und weniger kontrovers waren. Das kam mit der Ost-Politik von Willy Brandt und Egon Bahr ab 1970. Der nächste Entwicklungsschritt erfolgte 1975, als die KSZE Akte in Helsinki unterzeichnet wurde und größere Projekte der Zusammenarbeit beschlossen wurden.
In den Jahren nach 1991 bis 2000 trat Russland in den weltpolitischen Beziehungen zurück, erst bei der Entscheidung 2001 bezüglich des Irak Kriegs zeigte sich, dass Russland auch als internationaler Global Player auftritt und sich anders als die USA positioniert. Damals zeigte sich auch, dass es eigene russische und europäische Interessen gibt, die nicht dem politischen Mainstream entsprechen. Dies hat dazu geführt, dass in den Folgejahren zwischen dem Westen und Russland gegensätzliche politische Entwicklungen Platz griffen, was schließlich insbesondere 2014 durch die russische Angliederung der Krim deutlich wurde.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft des Deutsch-Russischen Forums e.V. und für die deutsch-russischen Beziehungen?
Dass wir stets auf allen Ebenen weiter im Dialog bleiben. Auf politischer Ebene kann man sich nur wünschen, dass die kontroversen Themen, die aktuell bestehen, einer diplomatischen Lösung zugeführt werden. Auf gesellschaftlicher Ebene fungiert das Deutsch-Russische Forum e.V. als Diskussions- und Begegnungsplattform, das den zwischengesellschaftlichen Austausch fördert. Wenn ich heute an die 70-er Jahre und die Ostpolitik zurück denke, dann trugen damals auch insbesondere die wirtschaftlichen Beziehungen, wie z.B. das bedeutende Erdgas-Roehren-Abkommen, zu einer Annährung bei. Auch heute ist die deutsch-russische Wirtschaftszusammenarbeit intensiv und eine wesentliche Säule innerhalb der bilateralen Beziehungen. Warum sollte es nicht möglich sein einen fruchtbaren Dialog zwischen Russland und der sogenannten westlichen Welt zu führen? Die Hauptsache ist, dass hierzu der politische Wille vorhanden ist.