Für viele ist der Europa-Park in Rust das Sinnbild für Achterbahnen und Abenteuer. Am ersten Novemberwochenende vom 1. bis 3. November 2019 jedoch kamen 36 Schülerinnen und Schüler für ein weitaus größeres Ereignis in den Freizeitpark. Ihr Ziel war das Finale des Sprachwettbewerbs Bundescup „Spielend Russisch lernen“ und die damit verbundene Chance auf eine Reise nach Russland.
Seit 2008 organisiert das Deutsch-Russische Forum e.V. in Kooperation mit dem Fond „Russkij Mir“ den Bundescup „Spielend Russisch lernen“ an Schulen in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Das Projekt wird gefördert von der Gazprom Germania GmbH, der Globus-Stiftung, dem Ernst Klett Verlag sowie „Lernidee Erlebnisreisen“. Schülerinnen und Schüler werden durch den Wettbewerb spielerisch an die russische Sprache herangeführt.
Nach den im Frühjahr stattfindenden Schulinternen Runden, an denen das Gewinner-Team der jeweiligen Schule ermittelt wird, finden sich die Sieger im Herbst in den sogenannten Regionalen Runden wieder. Wer hier gewinnt qualifiziert sich für das Finale im Europa Park. So reisten auch in diesem Jahr wieder 18 Mannschaften in Europas größten Freizeitpark und spielten um eine von drei Reisen nach Russland.
„Der Bundescup gehört zu einem der langjährigsten und erfolgreichsten Projekten des Deutsch-Russischen Forums“, sagt die Projektleiterin Maria Galland. „Über 200 Schulen mit über 4700 Schülerinnen und Schülern nehmen jährlich teil und seit vier Jahren ist das Projekt auch über die Grenzen Deutschlands hinaus gewachsen. Schulen aus der Schweiz und Österreich sind auch mit dabei. In den letzten zwölf Jahren haben wir somit über 50.000 Schülerinnen und Schüler an die russische Sprache herangeführt.“
Langweilig wird dabei nicht. „Jedes Jahr gibt es neue Spielkarten, die wir in Zusammenarbeit mit den Lehrern erstellen“, so die Projektleiterin. Das Besondere für sie am Projekt ist, die Schüler beim Spielen zu erleben: „Das sind lebendige Momente. Zu sehen, wie die Schüler nachdenken und sich konzentrieren, aber auch lachen und Spaß haben.“
Ein Großteil der Schulen nimmt schon seit Jahren teil. Carola Gläser, Russischlehrerin des Käthe Kollwitz Gymnasiums in Zwickau, erzählt: „Die Schüler fragen am Ende des Jahres immer von selbst, wann es losgeht. Sie sind motiviert, auch weil ich ihnen erzähle, dass wir vor einigen Jahren mit einem Team bereits den zweiten Platz erreicht und somit eine Reise nach Sankt Petersburg gewonnen haben.“ Die Teilnahme am Bundescup ist auch für die Russischlehrerinnen und Russischlehrer eine Bereicherung für den Unterricht. „Dank des Wettbewerbs ist der Unterricht nicht so trocken und wir sind auch außerhalb der Schulräume unterwegs“, so Carola Gläser, „Ich nenne das ‚freudbetontes Lernen‘. Der Bundescup ist bei uns an der Schule schon Tradition.“
Nach einer zum Teil langen Anreise zum Freizeitpark am Freitag – Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Berlin gehörten zu den Mannschaften mit dem weitesten Weg – hatten die Gäste Zeit sich bei einem leckeren Abendbuffet zu stärken. Am Samstag schließlich wurde gespielt: Bis in den Nachmittag wurden die Finalisten ermittelt. Alle Vorrundenspiele bis hin zum Spiel um Platz drei ließen die Spannung mit jeder Stunde steigen. Diejenigen, die aus dem Wettbewerb ausschieden, erwartete Trost: Der Eintritt in den Europa-Park stand allen das ganze Wochenende frei. Zusätzlich bekamen die Schülerinnen und Schüler mit ihren begleitenden Lehrkräften ein besonderes kulturelles Programm geliefert. Eine Nachtführung durch die historische Altstadt Freiburgs erzählte auf spannende Weise von dem Alltag in der Stadt zu ihrer Entstehungszeit.
Am Sonntag folgte das große Finale, das durch Grußworte von Volker Schebesta, Staatssekretär im Ministerium für Kultus, Jugend und Sport, Baden-Württemberg, Thomas Rabl, GAZPROM Germania, sowie Graciela Buch von der Globus Stiftung eingeleitet wurde. Auch Tatiana Kupalova, Konsulin des Generalkonsulats der Russischen Föderation in Frankfurt am Main, sprach bei der Eröffnung: „Unsere Schüler lernen Deutsch in Russland und ihr Schüler hier lernt Russisch, das baut Brücken zwischen unseren Ländern.“ Eine exklusive Fahrt mit dem blue fire Megacoaster powered by GAZPROM schloss das Finale nach Ermittlung des Siegerteams auf buchstäblich atemberaubende Weise ab.
Dieses abwechslungsreiche Programm sorgt für gute Stimmung bei den Schülerinnen und Schülern, ganz gleich ob sie in der Vorrunde ausgeschieden oder bis ins Finale gekommen waren. Und auch die Lehrkräfte kamen nicht zu kurz. Die Stiftung Deutsch-Russischer Jugendaustausch, die neben dem Goethe-Institut Russland, dem Deutschen Russischlehrerverband und dem Fachverband Russisch und Mehrsprachigkeit Projektpartner des Bundescups sind, gestaltete am Samstag eine Schulung für die anwesenden Lehrkräfte.
Nicht umsonst heißt das Spiel „New Amici“, denn beim Bundescup gewinnt man wirklich neue Freunde. Der 15-jährige Mikhail Lapshenkov und sein Spielpartner Ludwig Fein (16) vom BG/BRG Zell am See aus Österreich hatten vor allem Spaß daran, neue Vokabeln zu erlernen und die anderen russischlernenden Spieler zu treffen. Sie versprechen zudem, ihre Mitschüler für eine erneute Teilnahme zu motivieren. „Sicher wird unsere Schule nächstes Jahr wieder beim Finale vertreten sein“, sagen beide selbstbewusst.
Auch die Gewinner des diesjährigen Bundescups Julian Jung (17) und Viktoria Hartmann (19) von dem Städtischen Gymnasium Marienschule in Euskirchen hatten das ganze Wochenende Spaß. „Vor allem die Fortschritte und den Lernerfolg zu sehen, ohne dass es nur ums Lernen selbst geht, war besonders motivierend“, so Julian, der sogenannte „Russischnichtkönner“. Seine Spielpartnerin Viktoria empfiehlt in jedem Fall eine Teilnahme am Sprachwettbewerb. „Man lernt die Kultur Russlands und die Sprache kennen. Natürlich ist es auch interessant einen neuen Ort besuchen – jetzt den Europa-Park und bald Moskau und Sankt Petersburg.“
Julian gehört zu den zahlreichen Schülern, die sich nach der ersten Erfahrung mit der neuen Sprache motiviert fühlen, weiter Russisch zu lernen. Am Vorabend des Finales versichert er: „Auf jeden Fall bleibe ich weiter dran! Durch das Spiel habe ich mit der Zeit gemerkt, wie die Sprache mehr Struktur bekommen hat, für mich logischer und verständlicher wurde. Ich freue mich schon, in Zukunft mit meinen Freunden auf Russisch zu reden“
Auch für Außenstehende ist der Bundescup „Spielend Russisch lernen“ ein tolles Ereignis. So erklärt die 23-jährige Viktoria Gonschorek, die zum dritten Mal Schiedsrichterin beim Wettbewerb ist, von ihren schönsten Erfahrungen: „Man sieht die Begeisterung der Schüler, die Hälfte kann kein Russisch und ist trotzdem voll dabei. Es ist toll, wie sich die Nichtkenner die neuen Wörter merken. Und das kameradschaftliche Verhältnis ist eine Besonderheit: Am Ende schütteln sich die Teilnehmer die Hand, bedanken sich für das Spiel und gratulieren den Gewinnern.“
Nach einem abenteuerreichen Wochenende fuhren alle Beteiligten müde, aber zufrieden nach Hause. Ob nächstes Jahr dieselben Lehrkräfte mit neuen Schützlingen ihre Schule vertreten werden, oder ein anderes Team den Einzug ins Final-Wochenende erspielen wird, zeigt sich in den Regionalen Runden im Herbst 2020.
Von Alexandra Majorov