Dr. Evgeniya Sayko, geboren in Tomsk, Mitglied des Vorstandes, Deutsch-Russisches Forum e.V., studierte Kulturwissenschaft an der Staatlichen Universität Tomsk und Kommunikationswissenschaft an der Freien Universität Berlin, wo sie im Rahmen ihrer Doktorarbeit zur Berichterstattung über Russland in den deutschen Medien forschte. Sie ist Gründungs- Vorstandmitglied der Assotiation Science Slam Russia. 2017 hat Sayko im Hertie-Innovationskolleg das neue Dialogssformat für Verständigung über kontroverse Themen „demoSlam“ im Rahmen ihres Projekts »Wertediskurs mit Russland: klären, formulieren, vermittelt« entwickelt.
Frau Sayko, Das Jahr Deutsch-Russisches Jahr der regionalen und kommunalen Partnerschaften 2017/2018 ist im September mit einer großen Abschluss-Veranstaltung im Auswärtigen Amt beendet worden. Im Jahr 2019 steht das deutsch-russische Kreuzjahr ganz im Zeichen des Wissenschafts- und Hochschulaustauschs. Wie wichtig ist der wissenschaftliche Austausch für die deutsch-russischen Beziehungen?
Der Dialog zwischen Deutschland und Russland gestaltet sich aktuell schwierig. Eine gemeinsame Sprache – insbesondere in der Politik – zu finden, ist nicht immer leicht. Wissenschaftler hingegen kommunizieren universell, anders als Politiker. Der Kontakt zwischen Wissenschaftlern findet freundlich und auf Augenhöhe statt. Durch diese Kommunikation werden Brücken zwischen den Ländern, den Forschern und damit auch den Menschen an sich gebaut. Durch die interdisziplinäre Themenvielfalt in der Forschung haben Wissenschaftler die Möglichkeit über den Horizont ihres eigenen Fachgebiets hinauszuschauen. Es ist wichtig, dass wir diesen Dialog pflegen und weiterausbauen.
Welche Formate bietet das Deutsch-Russische Forum e.V. im Gebiet des wissenschaftlichen Austauschs?
Meiner Meinung nach stellt der Deutsch-Russische Science Slam eine der erfolgreichsten und nachhaltigen Initiativen des Deutsch-Russischen Forums e.V. im Wissenschaftsaustausch dar. Deutsche und russische Wissenschaftler stehen gemeinsam auf einer Bühne und präsentieren dabei auf leicht verständliche und humorvolle Art und Weise dem Publikum ihre Forschungsergebnisse. Nach der Erstauflage im Jahr 2011 brachte das Deutsch-Russische Forum e.V den Science Slam in die Regionen Russlands. Inzwischen hat sich der Science Slam als erfolgreiches Format in Russland etabliert und wurde vom Russischen Bildungsministerium mit einem Preis als bestes Projekt des Jahres 2016 ausgezeichnet. Diesen humorvollen und ungezwungenen Austausch zwischen deutschen und russischen Wissenschaftlern wollen wir auch zukünftig weiter fördern. Seit 2018 gibt es sogar einen trilateralen Science Slam mit den USA, Russland und Deutschland.
Aber auch andere Programme des Deutsch-Russischen Forums involvieren wissenschaftliche Themen und stellen Bezug zur Wissenschaft her. Zum Beispiel das Journalistenpraktikum, das 2019 sein 25-jähriges Jubiläum feiert. Angehenden Journalisten aus Russland wird die Möglichkeit geboten ein Praktikum in einer deutschen Zeitungs- Hörfunk- oder Fernsehredaktion zu absolvieren und dadurch eine neue Perspektive über die eigenen Landesgrenzen hinaus zu gewinnen.
Ein weiteres Format sind die Young Leader Seminare. Junge Menschen aus dem deutsch-russischen Kontext in leitenden Positionen, aber auch Wissenschaftler bekommen hier die Möglichkeit sich über ihr Berufsfeld hinaus zu vernetzten.
Das Projekt Bundescup „Spielend Russisch Lernen“ setzt auf schulischer Ebene an. Schülerinnen und Schüler aus Deutschland kommen auf spielerische Art und Weise in einem bundesweiten Sprachturnier mit der russischen Sprache und Kultur in Kontakt. Für Russischlehrerinnen und-lehrer bietet der Wettbewerb eine Plattform für den fachlichen Austausch und die Vernetzung.
Und auch im redaktionellen Bereich fördern wir den wissenschaftlichen Dialog zwischen Russen und Deutschen. Kulturportal Russland bietet nicht nur Einblicke in die Politik, Kultur und Literatur Russlands, sondern informiert auch explizit über Programme im Bereich Wissenschaft und Bildung.
Was erwarten Sie von dem Themenjahr für die deutsch-russischen Beziehungen?
Wissenschaftler und Studenten haben das Bedürfnis sich international zu vernetzen. Wir hoffen, dass dadurch ein Effekt ausgelöst wird, der andere Felder dazu inspiriert in einen ähnlichen aktiven Austausch zu treten. Damit meine ich, einen Dialog entstehen zu lassen, um sich kennenzulernen und einander vorurteilsfrei begegnen zu können.