Anlässlich des UN-Klimagipfels im marokkanischen Marrakesch widmeten sich die Moskauer Gespräche am 25. November 2016 dem Thema Umwelt und Klimawandel in Russland. Gemeinsam mit der Moskauer Deutschen Zeitung lud das Deutsche Russische Forum e.V. seine Gäste in das Deutsch-Russische Begegnungszentrum in Sankt Petersburg ein. Die Moskauer Gespräche – eine Institution in der russischen Hauptstadt – gastieren einmal jährlich auch in anderen Städten der russischen Föderation. Für das Thema Umwelt zeigte sich Sankt Petersburg als „grüne Metropole“ Russlands mit zahlreichen lokalen Initiativen und Spezialisten als besonders gut geeignet.
Auf dem Podium diskutierten die Petersburger Klimaaktivistin Angelina Davydova, Andrej Miller, als Vertreter des in Sankt Petersburg ansässigen Kirowwerks (Kirovskiy Zavod), einem großen Maschinenbaukonzern, Olga Senova vom „Sozial-Ökologischen Verband Russland“ und Vladimir Slivyak, Vorsitzender der russischen NGO „Ecodefense“. Thorsten Erdmann, Leiter der Petersburger Commerzbank-Filiale, moderierte die Diskussion.
Besonders im Blickfeld standen neben der offenkundigen Bedrohung durch den Klimawandel, vor allem auch die wirtschaftlichen Chancen einer russischen Energiewende. „Russland hat den Trend verschlafen“, sagte Vladimir Slivjak. Erneuerbare Energie sei in Russland ökonomisch nicht lukrativ. Deshalb gäbe es hier keine signifikanten Fortschritte. Andrej Miller von Kirovsky Zavod erklärte daraufhin, dass in Russland eine Energiewende ohne Subventionen nicht möglich sei. „Ohne Anreize würde sich keiner dem Umwelt-Business widmen“, so Miller. Auch technisch sei Russland noch nicht so weit. Als Beispiel zog Miller Turbinen heran, die für Windparks benötigt werden. Die Herstellung sei in Russland schwierig. Dennoch wolle sein Konzern weiter in erneuerbare Energien investieren und diesen Sektor noch ausbauen.
Olga Senova vom Sozial-Ökologischen Verbands Russlands, gab Einblicke von der Klimakonferenz in Marrakesch, wo sie als russische NGO-Vertreterin teilgenommen hatte. Das dort vorgetragene russische Ziel sei es bis 2020 die Treibhausgase um 25% und bis 2030 um 30% zu reduzieren. Senova empfindet dieses Ziel als zu „lasch“. „Wir waren in Russland schon Mal weiter. Russland hat das Paris-Abkommen noch nicht ratifiziert. Das bedeutet, es gibt keinerlei rechtliche oder moralische Verpflichtung für eine Einhaltung dieser Ziele.“ Auch wenn das Pariser-Abkommen unterschrieben werden sollte, würde sich nichts ändern, da es an Konsequenzen mangele.
Innerhalb der russischen Gesellschaft gäbe es aber immerhin eine Trendwende was das Thema Umwelt anbelange, erläuterte die Journalistin Angelina Davydova. Sie beobachtet, dass sich seit 2008/2009 das Thema breiter in der Öffentlichkeit verankert habe. Es sei besonders auch unter der jungen Generation populär. Davydova erklärte, dass vielen Russen die Problematik der Umweltkatastrophen und Umweltverschmutzung in Russland durchaus bewusst sei, nur fehle in der Bevölkerung der Tatendrang, etwas zu unternehmen und man verlasse sich in dieser Frage zu sehr auf den Staat.
Dass ein Umdenken und Wandel ohne die Zusammenarbeit von Zivilgesellschaft, Wirtschaft und Staat nicht machbar sein wird, war der deutliche Konsens am Ende des Gesprächs. Im Anschluss an die Diskussion wurde die Runde durch Fragen aus dem Publikum erweitert.