Zu dem Thema „Warnung oder Entwarnung – Russland gegen die NATO? Gibt es einen Weg aus der Krise?“ fand am 24. Januar 2022 das Online-Diskussionsformat „Russland im Gespräch“ statt. Über die Ukraine-Krise und den drohenden militärischen Konflikt zwischen Russland und der NATO diskutierten Vladislav Belov, Wissenschaftlicher Direktor des Europa-Institutes der Russischen Akademie der Wissenschaften und Leiter des Zentrums für Deutschlandforschungen, Liana Fix, Programmleiterin im Bereich Internationale Politik der Körber-Stiftung mit Fokus auf Russland/Osteuropa, Johannes Grotzky, Hörfunkdirektor des Bayerischen Rundfunks i.R., Honorarprofessor für Osteuropawissenschaften, Kultur und Medien sowie Jürgen Trittin, Mitglied des Bundestages, außenpolitischer Experte für die Beziehungen zu Russland. Moderiert wurde das Gespräch von Hermann Krause, ehemaliger ARD-Hörfunk-Korrespondent in Moskau und jetziger Leiter der Kriegsgräberfürsorge in Russland.
Das Gespräch startete mit einer Diskussion darüber, wie die Warnungen des Westens in Russland wahrgenommen und wie auf der anderen Seite, die Forderungen Russlands nach neuen Sicherheitsgarantien im Westen aufgenommen wurden. Die Gäste, unter anderem aus Moskau und Washington zugeschaltet, erörterten zunächst die möglichen Szenarien aus Sicht der jeweiligen Positionen. Trotz der laufenden Gespräche zwischen der Ukraine, Russland und dem Westen werden aktuell von Seiten der NATO sowie Russlands militärische Manöver an der ukrainisch-russischen Grenze angekündigt. Dies stellt für beide Seiten eine reale Bedrohung dar.
Darüber hinaus war es Thema in der Runde, wie man auf Grundlage der vorhandenen Verträge die Frage nach berechtigten Sicherheitsgrenzen diskutieren kann. Dies könne jedoch nicht geschehen, wenn die Grenzen einseitig in Frage gestellt und die Souveränität unabhängiger Staaten übergangen werden. Gleichzeitig müsse man Russland ein Sicherheitsinteresse zugestehen. „Oft wird vergessen, dass Russland sowohl an Amerika und Europa angrenzt. Russland hat Norwegen, Nordkorea, Japan und China angrenzend. Putins Sicherheitsdenken geht dahin, dass er in sein Schutzmachtdenken alles mit einbezieht, was russisch klingt und nicht russisch ist zu vereinnahmen. Da müssten wir in den Gesprächen der Realpolitik ansetzen und darüber mit unseren russischen Partnern eine Lösung finden“ (Johannes Grotzky).
Ein wichtiger Themenblock umfasste den Amtsantritt der neuen Außenministerin Annalena Baerbock. Nach deren Gesprächen mit dem russischen Außenminister Sergei Lawrow wurde die Bereitschaft einer deutsch-russischen Zusammenarbeit und der aktiven diplomatischen Auseinandersetzungen zwischen Europa und Russland bekräftigt. Die Antworten darauf könne laut Experten nur von der Europäischen Union kommen und nicht alleine von Amerika oder der NATO. Es wäre zudem ein wichtiger Schritt, die Ukraine an dementsprechenden Verhandlungen teilhaben zu lassen und dass diese die entsprechenden Verträge akzeptiere.
Trotz der verschiedenen Meinungen sind sich die Experten darin einig, dass es zu einer Deeskalation kommen muss. Solange alle an einem Tisch sitzen und auf Augenhöhe mit allen Parteien verhandelt wird, könnte man eine weitere Eskalation vermeiden. Der Wunsch ist es, auch von Amerika, Stabilität in den Regionen zu erreichen und die reale militärische Bedrohung beizulegen.