Am 5. Februar 1993 gründeten 33 Vertreter der Wirtschaft, 14 Politiker, neun Wissenschaftler, drei Journalisten sowie ein bekannter Dirigent und Pianist das Deutsch-Russische Forum. Ihrer Intention nach sollte es das Verständnis für Deutschland in Russland und das für Russland in Deutschland fördern und damit einen Beitrag zu den deutsch-russischen Beziehungen leisten. Für mich hat sich in den 25 Jahren meiner Mitgliedschaft an dieser Zielsetzung nichts geändert: Verständnis zu fördern, also die Fähigkeit, sich in Menschen mit anderen Erfahrungen und anderen Lebensbedingungen hineinzuversetzen, um sie und ihr Verhalten zu verstehen.
Zu dieser Zeit erlebten die deutsch-russischen Wirtschaftsbeziehungen einen beachtlichen Aufschwung. Deutsche Unternehmer hatten sich in Russland zum Austausch und zur Vertretung ihrer Interessen zusammengetan, zunächst in der sogenannten M002-Runde, danach im Verband der deutschen Wirtschaft, dem Vorgänger der heutigen Auslandshandelskammer.
Wir waren überzeugt, dass die Wirtschaftsbeziehungen sich weiter entwickeln würden, wenn sich zunehmend auch die Zivilgesellschaften annähern würden. Auch hierfür bedurfte es aber einer Institution, dieses Mal mit Sitz in Deutschland: Das Forum konnte den wirtschaftlich ausgerichteten Verband in gesellschaftlicher und kultureller Hinsicht ergänzen, indem es das Wissen um einander und über einander erweiterte und die menschlichen Kontakte und den Austausch als Grundlage für eine nachhaltige Zusammenarbeit unterstützte.
Sein Ziel, die Kontakte zwischen den Zivilgesellschaften unserer Länder zu fördern, hat das Forum dank eines beständig sich erweiternden Programms mit guten Ergebnissen verfolgt. Es hat sich seinen festen Platz in den deutsch-russischen Beziehungen wohl verdient.
Den Stimmen, die seit den Ereignissen in der Ukraine dem Forum eine zu unkritische Haltung Russland gegenüber vorwerfen, halte ich als Gründungsmitglied entgegen, dass das Forum nie eine ideologische Zielsetzung hatte, sondern stets nur auf den Austausch zwischen den Menschen in unseren Ländern ausgerichtet war. Hierzu gehören Toleranz und Respekt gegenüber anderen Meinungen und Erfahrungen, aber auch gegenüber den Überzeugungen der Mehrheit der russischen Bevölkerung, weil ohne sie ein Dialog nicht möglich ist.
Ich sehe an dieser Kritik aber, dass es noch mehr an Aufklärung und Informationen bedarf, damit ideologische Voreingenommenheit durch eigene Anschauung und eigene Erfahrung überwunden wird. Ich wünsche mir deshalb sehr, dass das Forum von seinen Mitgliedern mit demselben Engagement weiter unterstützt wird wie vor 25 Jahren.
Gerd Lenga